Die Acht der Schwerter (14. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Lizzy stand vor dem Spiegel und zog sich ihre Ohrringe an, die im Licht aufblitzten, wie funkelnde Diamanten. Ihr roter Lippenstift betonte ihre blasse Haut. Das nervöse Kribbeln in ihrer Bauchgegend wollte einfach nicht weggehen. Sie fühlte sich alles andere als bereit, doch sie musste losgehen, um nicht zu spät zu kommen. Ihre Nervosität stieg immer mehr an, je näher das Treffen mit Marco Marchesi rückte. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, woran ihre Absatzstiefel ihren Beitrag dazu trugen.

Nach ihrem letzten Date, hätte sie am liebsten nie wieder eins gehabt. Doch mit ihm war es anders. Sie fühlte sich High von ihren Gefühlen. Während sie mit Gina auf der Arbeit redete, musste sie ununterbrochen lächeln. Sie konnte es nicht abstellen. Je näher der ersehnte Abend rückte, desto aufgeregter wurde sie. Die Nervosität begleitete sie bis zu dem verabredeten Treffpunkt. Er war einen Tag, nachdem er sie gefragt hatte, ob sie mit ihm Picknicken würde, in ihren Laden gekommen und hatte ihr den Treffpunkt und die Uhrzeit mitgeteilt. Es war ein öffentlicher Park, wo um diese Uhrzeit noch einige Leute unterwegs sein würden, sodass sie sich nicht ganz allein abgelegen trafen, aber trotzdem noch genug Privatsphäre hätten.

Lizzy sah ihn schon vom Weiten unter einem Baum sitzen. Er saß auf einer ausgebreiteten, karierten Picknickdecke und beobachtete gerade ein Eichhörnchen, welches nur ein paar Meter von ihm entfernt entlanghuschte. Die Sonne bewegte sich langsam gen Westen. Als sie näherkam, schaute er in ihre Richtung auf. Sie hatte extra ihr grünes Kleid angezogen, womit sie nicht zu sehr im Park auffiel, ihre Natürlichkeit aber nur umso mehr unterstrich, während ihr rot geschminkten Lippen einen starken Kontrast bildeten. Hatte sie das bewusst so ausgewählt?

Während sie auf Marco zukam, stand er auf und lächelte ihr entgegen. Sie bemerkte, wie er sie kurz musterte, dann aber wieder sofort in ihre Augen schaute.

„Du siehst sehr schön aus“, begrüßte er sie mit einem Kompliment. Ihre Wangen waren leicht gerötet.

„Danke. Du siehst aber auch nicht schlecht aus.“ Er hatte ein blaues Hemd mit einer dunkelblauen Jeans angezogen, was sowohl schick als auch zugleich lässig wirkte. Nachdem sie sich umarmt hatten, deutete er auf die Decke.

„Setzt dich!“, forderte er sie höflich auf und sie setzte sich hin.

„Ich hoffe, du magst Oliven“, eröffnete er das Gespräch und kramte dabei eine Tupperdose aus der von ihm mitgebrachten Kühlbox hervor.

„Woher weißt du das nur?“, lächelte Lizzy ihn an und nahm all ihren Mut zusammen, um leicht verführerisch ihren Mund zu öffnen, damit Marco ihr eine Olive in den Mund legen konnte. Einen kurzen Moment zögerte er, doch entschied sich dann dafür, ihr die Olive an ihre rot geschminkten Lippen vorbeizuführen.

„Ich bin so froh mit dir hier zu sein. Dieser Ort liegt mir sehr am Herzen und ich liebe es ihn mit einer hübschen Frau, wie dir teilen zu können.“ Sie musste immer mehr Grinsen, während sie die Olive zerkaute und hinunterschluckte. Der Wind zog an ihr vorbei und ein angenehmer Schauer durchfuhr ihren Rücken.

Die Sonne traf bereits den Horizont und sie hatten seit zwei Stunden keinen Moment aufgehört zu reden.

„Deine Lieblingsfarbe ist rot? Das hört man selten“, stellte Lizzy erstaunt fest.

„Es hat so etwas Kräftiges, feuriges“, erklärte er ihr seine Ansicht.

„Also ich bleibe bei Blassrosa. Das Zarte, leichte. Es kann dezent überall eingesetzt werden“, gestand sie ihm. Sie musste lächeln. Obwohl sie über etwas scheinbares Belangloses wie Farben ging, konnte sie das Gefühl nicht abstellen, dass das zwischen ihnen was Besonderes war.

„Marco?“ Von der Seite tauchte eine Frau auf. Lizzy wendete ihren Blick zu ihr hin. Sie erkannte eine große südländische Schönheit mit makelloser Haut und einem dunkelroten Kleid. Marco wendete seinen Blick ebenfalls auf die Frau, die direkt auf sie zukam und schließlich vor ihnen stehen blieb.

„Wie geht es dir?“ Sie begrüßte ihn überschwänglich und nahm den sich noch aufrichtenden Marco in den Arm.

„Gut“, sagte er zu ihr, ohne jedoch sich hinter die Fassade schauen zu lassen, wie er das Auftauchen der Frau empfand.

„Deine neue Freundin?“, sagte sie halb zu ihm, halb zu ihr. Ihr Grinsen war zu breit aufgesetzt.

„Nein“, stellte Marco vehement klar. Ein Stich durchfuhr Lizzy. Ihr war bewusst, dass es erst ihr erstes Treffen war, aber neben der offensichtlichen Vertrautheit, die bis eben noch zwischen ihnen geherrscht hatte, hatte sie sich eine etwas offenere Aussage gewünscht. Sein Nein schien hingegen keinen Spielraum für mehr zuzulassen.

„Ach, tut mir leid. Ich habe mich gar nicht vorgestellt. Ich heiße Kathy. Sicher hat Marco dir schon von mir erzählt?“

„Ehrlich gesagt nicht“, gab Lizzy offen zu.

„Wieso hast du ihr es denn nicht erzählt?“, wandte sich Kathy an Marco.

„Ich sah keinen Grund dazu“, erwiderte Marco ohne eine Mimik zu verziehen.

„Was denn nicht erzählt?“ Lizzy konnte die Situation nicht einordnen. Sie hörte nur ihr aufgeregtes Herz klopfen, welches sich nicht beruhigen konnte, als würde es sie vor dem, was ihr bevorstand warnen wollen. Kathy wandte sich direkt zu ihr.

„Ich bin seine Frau.“

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