I like to be in America

Sie segelte der neuen Welt entgegen. Die frische Brise wehte ihr ins Gesicht und die Haare aus dem Gesicht. Die salzige Meeresluft gab ihr das Gefühl eines Urlaubs. Dabei wartete ihr neues Leben dort in der Ferne, wo die Stadt-Silhouette immer größer und klarer wurde. Ihr Traum wurde wahr. Ein neues Leben in einer neuen Stadt eines fernen Landes. Sie wusste nicht, wie lange dieser Traum schon in ihr lebte, doch nun wo er wahr wurde, schien sie sich nur noch mehr in einem Traum zu befinden. Die Realität wartete dort in der näherkommenden Ferne auf sie. Sie wusste schon jetzt, sie würde glücklich wie nie zuvor sein. Sie winkte ihrem neuen Leben entgegen.

Sie schrubbte den Boden. In der Pose fühlte sie sich wie Aschenputtel. Ein Aschenputtel, dass weder einer guten Fee noch einem Prinzen über den Weg gelaufen war. Wie sehr wünschte sie sich ihr altes Leben wieder. Die neue Welt war grausam zu ihr. Nirgends gab es Arbeit. Ihre Mietgemeinschaft glich einem heruntergekommenen Loch und nicht dem Kaninchenbau aus Alice im Wunderland wie sie sich am Anfang eingeredet hatte. Diese Stadt hatte nichts Schillerndes, Glänzendes an sich wie in ihren Träumen. Nur Löcher und dunkle, schmutzige Ecken. In einer dieser Ecken kroch sie gerade über den Boden und schrubbte und schrubbte, als könnte sie daraus doch noch etwas Glänzendes machen. Der Traum war vorbei. Sie sparte ihr Geld für ein Rückfahrtticket, hatte aber nicht mal die Hälfte des Geldes dafür zusammen.

Es dauerte ein Jahr bis sie sich auf dem Schiff zurück in ihre Heimat befand. Der Wind wehte ihre Haare ins Gesicht, als sie sich von der großen Stadt ihrer gescheiterten Träume abwandte und ihrer Heimat entgegenblickte, die noch weit außerhalb ihres Blickhorizontes lag. Träume sind eine seltsame Sache. Sind sie erstmal da, packt einen die Nostalgie und katapultiert einen zurück in die Vergangenheit. Träume sind Fluchtpunkte, genau wie die Vergangenheit. Beide sind dafür da, die Gegenwart zu vergessen.

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Der Kuss der Gegenwart

Es ist das erste Mal, dass ich nicht zurückwill. Zurück zum Anfang. Ich hänge an den Lippen der Gegenwart. Würde sie gerne küssen. Ihr sagen, dass ich nur mit ihr sein will. Die Gegenwart nimmt mich das erste Mal seit langer Zeit wieder in sich gefangen. Ich möchte mich nicht mehr in unerfüllter Nostalgie flüchten. Wie lange muss das her sein…

Gegenwart, bitte bleib noch ein bisschen! Geh noch nicht! Werde noch nicht zur verflossenen Zukunft! Ich möchte dich doch nur einen Moment länger genießen. Gewährst du mir das?

Nur einen Tanz in der stillen Nacht mit unseren stillen, einsamen Worten, die geschrieben mehr Sinn machen, als gesprochen. Doch wünsch ich mir, dass der Wind ein Stück meiner Stimme zu ihm hin weht, damit er weiß, es gibt mich wirklich. Ich bin mehr als nur meine Worte. Ich bin seine Gegenwart, so wie er meine ist. Gewährst du mir das , Gegenwart?

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