Cosmopolitan (3. Teil)

„Wir sind filmreif“, rief Sandy voller Begeisterung, während sie erneut ihre Gläser erhoben. Eine neue Tradition war etabliert.

„Du meinst mit deinem schauspielerischen Talent, wie für unseren Geschichtsfilm damals“, lachte Jules. Linda, Sandy und Jules kannten sich schon aus Schulzeiten. Lediglich Naomi ist ein Jahr nach ihrem Abschluss dazugestoßen. Sie waren zu dritt unterwegs gewesen, als sie Naomi völlig aufgelöst und tränenüberströmt an der Bushaltestelle vorfanden. Sie wurde gerade von ihrem ersten Freund verlassen. Es war das erste und letzte Mal, dass sie Naomi weinen sahen. Heute war es für die drei unvorstellbar, dass Naomi jemanden nachtrauern könnte.

„Geschichtsfilm?“, fragte Naomi mit gespitzten Ohren.

„Wir haben damals in Geschichte einen Film über die Französische Revolution gedreht. Sandys Darbietung über Marie Antoinette war sehr… speziell“, erklärte Linda. Jules musste bei der Erinnerung laut auflachen.

„Sandy lag einfach in der Badewanne und aß eine Schwarzwälder Kirschtorte. Während sie den Satz Dann gebt ihnen Kuchen sagte, lief ihr der halbe Kuchen das Kinn hinunter“, erinnerte sich Jules.

„Ich musste das Kleid dreimal waschen, bis der Fleck raus ging“, erklärte Sandy empört.

„Gott, eure Schulzeit hätte ich gerne gehabt.“ Naomi war auf einer Privatschule gewesen und hatte dort nie wirklich Freunde gefunden. Als arrogante Snobs betitelte sie ihre früheren Mitschüler immer wieder.

„Nachdem wir nun in alten Erinnerungen geschwelgt haben: Was gibt es Neues bei euch?“, wechselte Sandy das Thema. Sie bemerkte, wie Linda sich langsam zurücklehnte.

„Linda? Wie läuft es mit Max?“, bohrte Sandy neugierig nach.

„Wir arbeiten zusammen an einen neuem Beitrag über Fischpediküren“, erklärte Linda sachlich. Doch die anderen bemerkten ihre leicht rot werdenden Wangen.

„Da kommt man sich bestimmt ein wenig näher, bei so einer feuchten Fischpediküre“, stellte Naomi mit ihrer verrucht angehauchten Stimme fest.

„Was zum Teufel ist eine Fischpediküre?“, fragte Sandy verwirrt.

„Wenn du in einem Spa, deine Füße in ein Becken mit Fischen tauchst und diese dann deine Hornhaut von deiner Haut fressen“, erklärte Linda.

„Wie ekelhaft“, bemerkte Jules.

„Ich habe mit ihm geschlafen“, verkündete Linda aus dem Nichts.

„Was? Aber…“ Sandys Augen wurden groß, als sie begriff, dass ihre Freundin gerade verkündet hatte, ihren scheinbar makellosen Freund, der sie mit seiner ständigen Abwesenheit beschenkte, betrogen zu haben. Linda schwieg.

„Warum?“, fragte Jules irritiert. Linda trank ihren Cosmopolitan leer und bat den vorbeigehenden Kellner um noch ein Glas. Als sie wieder zu ihren Freundinnen sah, starrten alle drei sie an.

„Es ist einfach so passiert. Jack ist nie Zuhause. Selbst Wildgänse sind öfters im Jahr zu sehen, als mein Freund. Das ist keine Entschuldigung, aber ich kann das nicht mehr. So tun, als ob alles in Ordnung wäre“, versuchte Linda ihre angestaute Verzweiflung auszudrücken. Sie umrandete mit ihrer Fingerspitze immer wieder ihren Glasrand, bis der Kellner kam, ihr das leere Glas wegnahm und durch ein volles Glas ersetzte.  

„Sag uns, ob es sich wenigstens gelohnt hat.“ Naomi würde am liebsten alle Details in Erfahrung bringen.

„DAS hat sich gelohnt“, erklärte Linda betont zweideutig. Die anderen nickten ihr wohlwissend zu.

„Und was machst du mit Jack?“, fragte Sandy.

„Er kommt nächste Woche aus Botswana wieder und ich werde mit ihm Schluss machen“, verkündete Linda. Ihre Blicke drückten Bedauern aus.

„Auf guten Sex und verflossene Liebe!“, prostete Jules nach einem kurz anhaltenden Schweigen in die Luft. Die anderen erhoben ihre Gläser und stießen erneut an.

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Manhattan (2.Teil)

Der Kellner setzte Naomi, Sandy, Linda und Jules vier Manhattan vor die Nase.

„Warum nennt man einen Cocktail eigentlich nach einem Stadtteil?“, fragte Sandy in die Runde, während sie alle nach ihrem Glas griffen. Statt einer Antwort erhoben die anderen ihre Gläser in die Luft.

„Auf uns!“, verkündete Jules den Prost.

„Auf uns““, stimmten die anderen mit ein. Dann klirrten sie nacheinander gegenseitig ihre Gläser aneinander. Als sie daran nippten, verzog Sandy das Gesicht, wohingegen Jules und Naomi begeistert lächelten, während Linda undurchdringlich trank.

„Der schmeckt wirklich lecker“, stellte Naomi fest.

„Genauso lecker wie der Kellner?“, neckte Jules sie.

„Den habe ich noch nicht probiert“, schmollte Naomi.

„Du lässt doch sonst nichts anbrennen“, kommentierte Linda feststellend in die Runde.

„Ihr tut so, als würde ich jede Woche mit einem Typen schlafen“, rief Naomi empört.

„Entschuldigung, es sind nur alle zwei Wochen“, gab Linda zurück. Jules und Sandy fingen an zu lachen, während Naomi theatralisch die Hände in die Luft hob.

„Also wirklich!“, gab Naomi beleidigt von sich. Doch ein kleines Lächeln, welches ihre Lippen umspielte, verriet ihnen, dass sie den wahren Kern von Lindas Aussage durchaus anerkannte.

„Ich finde den Cocktail ekelhaft“, gab Sandy nach einem weiteren Schluck von ihrem Manhattan von sich.

„Machst du Witze? Der ist super lecker“, widersprach Linda. Sandy schob den Cocktail in ihre Richtung.

„Wenn du willst, kannst du ihn ja gerne trinken“, bot Sandy an. Linda zog ohne zu Zögern den Cocktail zu sich und stellten ihn griffbereit neben den ihren.

„Wie läuft es eigentlich mit Jack?“, fragte Sandy Linda.

„Der ist mal wieder beschäftig. Gerade ist er für drei Wochen in Botswana“, gab Linda von sich, während sie versuchte ihre Verletztheit mit ihrer Coolheit zu überspielen. Doch die drei Freundinnen kannten Linda zu gut, um zu wissen, wie sehr die Abwesenheit ihres Freundes Jacks sie traf. Als Reporter flog er ständig für seine Berichte um die halbe Welt. Während dieser Zeit fühlte sich Linda immer wieder einsam und allein gelassen, auch wenn sie wusste, dass er zurückkam.

„Tut mir leid“, sagte Sandy mitleidig. Linda hob abwehrend die Hand.

„Wie läuft denn dein Job?“, versuchte Naomi das Thema zu wechseln.

„Letzte Woche hat ein neuer Mitarbeiter angefangen. Max“ erzählte Linda. Sie arbeitete ebenfalls in der Fernsehbranche bei einem berühmten Sender, wie ihr Freund Jack. Nur, dass sie hinter den Kulissen die Texte schrieb und meistens vor Ort blieb.

„Wer ist denn dieser Max?“, fragte Jules betont neugierig.

„Max ist ein gutaussehender Neuling mit einer wundervollen Verlobten“, erklärte Linda nüchtern.

„Und trotzdem erzählst du uns von ihm“, beobachtete Jules sie.

„Darf man etwa nicht mal anmerken, dass man jemanden gutaussehend findet, nur weil man vergeben ist. Ich würde ja nie etwas mit ihm anfangen“, verteidigte sich Linda.

„Wo sie Recht hat, hat sie Recht“, stellte Sandy fest.

„Und bei euch Sandy und Jules? Bei dir, Naomi, muss ich ja gar nicht erst fragen.“

„Bei mir alles beim Alten. Hoffnungslose Single-Romantikerin sucht wahre und große Liebe“, verkündete Sandy übertrieben schwärmerisch.

„Ich bin nicht interessiert“, tat Jules desinteressiert ab. Die drei Freundinnen hatten Jules noch nie in einer Beziehung gesehen und auch sonst hielt sie sich mit ihrem Liebesleben bedeckt. Im Gegensatz zu den anderen.

„Auf die Liebe!“, prostete Sandy in die Luft.

„Auf den Sex!“, prostete Naomi ihnen entgegen.

„Ihr habt wirklich Probleme“, kommentierte Jules augenverdrehend. Dann tranken Jules und Naomi jeweils genüsslich ihre Manhattan aus, während sich Sandy eine Cola nachbestellte und Linda bereits ihren zweiten Manhattan wegkippte.

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Sex on the Beach (1. Teil)

Als Jules, Naomi, Linda und Sandy das erste Mal an einem Tisch, der neuen Cocktailbar Highlight in ihrer Stadt saßen, ahnten sie nicht, wie viele Abende sie noch nie hier verbringen würden. Der Kellner brachte ihnen allen einen Sex on the Beach. Ihr erster Cocktail an diesem Abend.
„Was für ein süßes Kerlchen!“, staunte Naomi, nachdem dieser wieder in der Küche verschwunden war.

„Das wundert mich nicht im Geringsten“, kommentierte Linda augenverdrehend.

„Ich stelle nur fest“, verteidigte sich Naomi.

„Du meinst, du stellst fest, dass der arme Kerl die Nacht nicht heil überstehen wird“, lachte Jules. Naomi erhob protestierend die Hand.

„Tu nicht so, wir kennen dein dunkelstes Geheimnis. Aber wir haben dich trotzdem lieb, Männerfresserin“, warf Sandy scherzhaft ein.

„Wie kommt ihr bloß darauf?“, fragte Naomi mit gespielter Unschuld. Alle vier mussten lachen. „Ich bin so froh, dass wir wieder einen Mädelsabend machen. Das hat mir so gefehlt.“ Sandy war gerade frisch getrennt und genoss die einhergehende Freiheit eines Singles nach einer toxischen Beziehung.

„Wir haben uns viel zu lange nicht gesehen. Vor allem nachdem Michael dich in Ketten gelegt hatte. Gut, dass du dich daraus endlich befreit hast“, stellte Linda fest.

„Auf die Freiheit!“, prostete Jules den anderen entgegen. Die anderen erhoben ihre Cocktails und stießen gemeinsam an. Dabei schauten sie sich tief in die Augen, während ihre Gläser laut aneinander klirrten.

„Hey, Naomi! Du hast mir nicht richtig in die Augen geschaut. Du weißt, was das heißt. Sieben Jahre schlechter Sex“, schnaubte Sandy ihr entgegen.

„Armer Kellner“, stellte Jules mitleidig fest. Die anderen fielen in lautes Gelächter ein. Ein paar Gäste schauten irritiert an ihren Tisch, aber sie bemerkten es nicht einmal. Dafür hatten sie viel zu viel Spaß.

Sie nippten alle einen Schluck an ihren Cocktails.

„Mhm“, schlürfte Sandy genießerisch.

„Gute Mische“, bewertete Linda.

„Wir sollten immer hierhin kommen“, schlug Jules vor.

„Aber dann kann ich den Kellner gar nicht vernaschen“, wandte Naomi empört ein.

„Wie wäre es, wenn wir uns jeden Freitag hier treffen und gemeinsam einen neuen Cocktail von der Karte ausprobieren?“, überging Sandy begeistert Naomis Kommentar.

„Und wenn wir alle durchhaben?“, fragte Linda nüchtern.

„Dann fangen wir eben noch einmal von vorne an“, erwiderte Sandy.

„Abgemacht“, hielt Jules fest. Erneut hielt sie ihr Glas hoch. Sie prosteten noch einmal an, um ihre Abmachung zu besiegeln. Dann tranken sie ihren Sex on the Beach weiter.

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