6. Brief an die Liebe meines Lebens

Liebe meines Lebens,

ich habe das Gefühl dir zu sehr hinterherzujagen. Du erscheinst mir wie ein dahinflatternder Schmetterling, den ich einfach nicht einfangen kann. Am Ende stehe ich bei jedem Versuch mit leeren Händen da. Vielleicht sollte ich, statt dir nachzujagen, mich einfach hinsetzen und abwarten. Vielleicht kommst du dann von alleine auf mich zugeflogen. Vielleicht setzt du dich dann auf meine äußere Handfläche, wenn ich sie dir vorsichtig entgegenhalte. Und ganz vielleicht betrachte ich am Ende die Art von Schönheit, der ich immer hinterherjagt bin.

Ich habe mich schon immer zu oft an verlorene Hoffnung geklammert. Habe mich in Dingen, Menschen verloren, statt einfach meinen eigenen Weg zu gehen. Immer wenn ich nach Liebe gesucht habe, kam ich ein Stückchen mehr von meinem Weg ab. Wenn du mir jetzt über den Weg laufen würdest, dann kann ich dir nicht sagen, ob ich dich erkennen würde. Man sagt manche Leute werden von der Liebe blind, doch ich habe das Gefühl blind vor der Liebe zu sein. Ich traue meinen Gefühlen nicht. Aus Angst eine falsche Entscheidung zu treffen, treffe ich lieber gar keine Entscheidung.

Ich weiß, ich kann dich nicht suchen. Ich weiß aber, dass du mich finden kannst. Also werde ich mich einfach hinsetzen und warten. Es wird kein quälendes, sehnsuchtsvolles Warten sein, sondern ein Warten bei dem ich die Augen schließe, die warmen Sonnenstrahlen genieße, den Duft einer frischen Blumenwiese einatme und wer weiß, vielleicht lässt sich schneller als ich dachte ein Schmetterling vor mir nieder.

In Liebe

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Mojito (5. Teil)

„Auf uns!“, verkündete Jules, während sie ihre Gläser erhoben und anstießen. Als sie tranken, verzog Sandy keine Miene.

„Diesmal ist es nicht ganz so ekelhaft“, stellte Sandy fest. Sie war nicht ganz überzeugt, trank aber trotzdem weiter.

„Wie geht es dir? Schon was von Jack gehört?“, fragte Jules Linda. Linda zuckte mit den Schultern. Sie blickte leer drein.

„Jack hat sich seit dem Abend nicht mehr gemeldet. Ich möchte nicht weiter drüber reden.“ Die anderen nickten verständnisvoll.

„Also ich bin kurz davor den Kellner doch noch zu vernaschen. Er wird von Woche zu Woche unwiderstehlicher“, merkte Naomi an und sah dabei in Richtung Bar, wo der Kellner Cocktails mixte.

„Gönn dir“, lachte Jules.

„Ich habe mich mit Nick getroffen“, platzte Sandy raus. Alle schauten sie neugierig an.

„Nick?“, fragte Naomi.

„Jaaa. Wir haben uns über diese Dating-App kennengelernt“, fing Sandy an zu erzählen.

„Moment, du hasst Dating Apps“, warf Naomi ein.

„Ich bin über meinen Schatten gesprungen. Er ist wirklich toll. Bei unserem ersten Date hat er mir Tortellini alla Panna gekocht und außerdem hat er dieses süße Grübchen, wenn er lächelt“, schwärmte Sandy.

„Und wie ist er…?“, deutete Naomi an.

„Untersteh dich. Wir hatten nicht einmal einen Abschiedskuss“, verteidigte sich Sandy.

„Schätzchen, du hast definitiv den Sinn von Dating-Apps missverstanden“, erklärte Naomi kopfschüttelnd.

„Da muss ich Naomi recht geben. Denkst du wirklich, du findest dort die große Liebe, die du dir so sehr ersehnst?“, fragte Jules mit einem leicht ironischen Unterton.

„Jetzt gönnt mir doch wenigstens meine Illusion. Vielleicht ist Nick nicht die Liebe meines Lebens, aber ich verbringe gerne Zeit mit ihm, okay? Ihr wisst genau wie schwer es war.“ Sandy spielte auf ihre Trennung ihrer ersten großen Liebe an.

„Das ist fünf Jahre her! Ihr wart nur ein halbes Jahr zusammen“, meldete sich Linda zu Wort.

„Trotzdem tat es weh, okay? Ich bin einfach froh, wieder jemanden in mein Leben zu lassen“, erläuterte Sandy ihre Gefühle.

„Ich finde, du hättest ihn trotzdem flachlegen können. Da unten muss sicherlich schon alles verstaubt sein.“ Sandy verdrehte nur die Augen über Naomis anzüglichen Kommentar.

„Halt uns gerne auf den Laufenden, wenn sich daraus mehr entwickeln sollte“, sagte Jules. Dann tranken sie weiter ihren Mojito.

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Whiskey Sour (4. Teil)

„Mädels, dieser Abend wird legendär“, verkündete Jules, während sie ihren Whiskey Sour als Erste in die Höhe hielt.

„Hab ich was verpasst?“, fragte Sandy irritiert.

„Meine Beförderung“, verkündete Jules. Sie arbeitete nun schon seit Jahren in einer Telekommunikationsfirma und versuchte sich immer wieder hochzuarbeiten, was bis jetzt aber nur kleinschrittig vonstattengegangen war.

„Herzlichen Glückwunsch!“, freute sich Naomi. Auch die anderen fielen in die Glückwünsche ein.

„Darauf sollten wir wirklich erstmal anstoßen“, erhob Linda freudig ihr Glas. Sie stießen alle ihre Gläser miteinander an.

„Ich bleibe eindeutig bei süß.“ Sandy verzog kurz nach ihrem ersten Schluck direkt wieder das Gesicht. Ohne, dass Linda etwas sagen musste, schob Sandy sofort ihr Glas zu ihr hin. Linda hob anerkennend die Augenbraue.

„Genug von mir. Linda, wie sieht mit deinem Liebesleben aus?“, wechselte Jules das Thema. Bevor Linda antwortete, rief Sandy den Kellner herbei. Sandy warf ihr einen kurzen entschuldigenden Blick zu, aber Linda atmete kurz auf.

„Könnte ich bitte einen Sex on the beach haben?“, fragte Sandy denselben Kellner, der ihren Tisch bereits die letzten drei Wochen bediente.

„Natürlich“, nickte er ihr zu.

„Sie steht nicht so auf die richtig, harten Sachen“, zwinkerte Naomi ihm zu. Er lächelte, doch es war ein höfliches, zurückhaltendes Lächeln. Dann verschwand er.

„Den krieg ich noch rum“, erklärte Naomi. Anschließend blickten alle wieder Linda an.

„Jack ist gestern früher wiedergekommen. Er hat am Telefon gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Als er gestern nach Hause kam, habe ich ihm sofort die Wahrheit gesagt“, erzählte Linda mit Blick in ihr Whiskey Glas gerichtet.

„Er hat sofort die Flucht ergriffen und mir geschrieben, er sei bei Martin, seinem besten Freund. Er brauche Zeit für sich und meldet sich, wenn er so weit ist.“ Linda so unglücklich zu sehen, schmerzte die drei Freundinnen.

„Was ist mit Max?“, fragte Sandy nach.

„Von dem habe ich seit unserer gemeinsamen Nacht nichts mehr gehört. Auf der Arbeit geht er mir ständig aus dem Weg oder stellt nur zwischendurch beiläufig eine Frage. Ehrlich, ich habe keine Ahnung, was ich machen soll.“ Linda wischte sich heimlich eine Träne weg, in der Hoffnung niemand würde es sehen, doch sie alle drei sahen sie an.

„Du solltest dich einfach auf dich konzentrieren. Kein Mann, absolutes Männerverbot. Nur du. Und natürlich wir.“ Naomi zeigte aufmunternd in die Runde. Kurz huschte ein Lächeln über Lindas Gesicht.

„Das kommt von dir?“, neckte Linda sie. Auch die anderen waren erstaunt.

„Allgemein bin ich immer dafür zu vögeln, aber hier haben wir es mit einer bereits aufgeladenen Situation zu tun und du würdest bei deinem aktuellen Zustand sofort in einer Rebound-Beziehung landen“, erklärte Naomi. Die drei schauten sie erstaunt an.

„Ich habe drei Semester Psychologie studiert, schon vergessen?“, erinnerte Naomi sie.

„Und was bedeutet das alles?“, fragte Linda sie.

„Es bedeutet, dass du dich an den erstbesten Mann binden würdest, der dir über den Weg läufst. Du würdest natürlich denken, dass du total in ihn verliebt bist und uns die Ohren über ihn vollsülzen. Aber in Wirklichkeit würdest du nur deinen Liebeskummer zu Jack damit überdecken wollen, statt dich auf emotionaler Ebene mit der Situation auseinanderzusetzen“, erläuterte Sandy.

„Du hast doch gar keine Psychologie studiert?“, merkte Jules an.

„YouTube-Videos“, erwiderte Sandy.

„Damit hat sie recht“, erklärte Naomi Linda.

„Ich lass die Situation auf sich beruhen und warte erst einmal, ob ich noch einmal ein ruhiges Gespräch mit Jack haben kann. Wenn er bereit dazu ist“, sagte Linda nachdenklich, bevor sie still wurde.

„Was genau machst du jetzt eigentlich auf deinem neuen Posten, Jules? Bist du immer noch in der Hauptverwaltung?“, wechselte Sandy das Thema, während der Kellner ihren Sex on the beach brachte.

„Nein, ich bleibe nicht in der Hauptverwaltung.“ Jules machte kurz eine Pause.

„Sie wollen mich für die Auslandsvermittlung einsetzen. Was heißt, dass ich fünf Monaten nach Japan ziehen werde“, verkündete Jules zurückhaltend. Sandy verschluckte sich an ihrem Cocktail, während Naomi und Linda sie mit aufgerissenen Augen anstarrten.

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