Flying Kangaroo (8. Teil)

„Ich sehe fliegende Kängurus“, lachte Jules, während Juanito die Cocktails nacheinander vor sie auf den Tisch stellte.

„Bitte nicht noch mehr schlechte Sprüche“, protestierte Linda.

„Was hast du gegen meine Sprüche?“ Mit gespielter Empörung sah Jules in die Runde.

„Sagen wir einfach, wenn man eine Show à la die schlechtesten Sprüche der Welt veranstalten würde, wärst du die erstklassige Gewinnerin“, quittierte Naomi.

„Und bei einer Show, wer kriegt in vierundzwanzig Stunden die meisten Männer ins Bett, wärst du ganz vorne dabei“, konterte Jules.

„Touché.“ Naomi hob ergebend ihre Hände.

„Wie lief es eigentlich mit Max?“, fragte Sandy und schlürfte an ihrem Strohhalm. Linda pickte mit ihrem Strohhalm bloß in ihrem Glas rum.

„Als ich loswollte, um ihn zu treffen, stand Jack vor meiner Türe“, erklärte Linda. Sie starrte dabei gedankenverloren in ihr Glas.

„Und was hast du getan?“, fragte Naomi laut. Linda zuckte mit ihren Schultern zusammen.

„Mit ihm geschlafen“, gestand Linda. Sandy verschluckte sich.

„Also ich habe vorher noch Max abgesagt. Er wirkte nicht gerade begeistert. Ich habe mich mit ihm am nächsten Tag getroffen und die Sache geklärt. Er wollte mir eigentlich sagen, dass er mich gerne näher kennenlernen möchte.“ Linda schaute geradeaus in die Runde.

„Und was ist jetzt mit Jack und dir?“, hakte Naomi weiter nach.

„Wir wollen es noch einmal versuchen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich eine gute Idee ist“, zögerte Linda.

„Das ist eine wirklich schlechte Idee“, kommentierte Jules. Alle starrten sie an.

„Naja, Linda hat Jack betrogen, weil er gefüllt nie Zuhause war. Und da er noch immer denselben Job hat, wird sich die Situation wohl nicht wirklich verbessern“, erklärte Jules.

„Ich muss erst einmal darüber nachdenken. Da könnte was dran sein. Er hat mir gestern erzählt, dass er nächsten Monat nach Australien muss und dann mindestens zwei Woche weg sein wird“, meinte Linda und nippt an ihrem Flying Kangaroo. Die Anderen blickten sich gegenseitig vielsagend an.

„Du wirst schon die richtige Entscheidung treffen“, stellte Sandy fest.

„Ich habe übrigens meine zwei ersten selbstgemalten Bilder verkauft“, verkündete Jules. Sandy klatschte begeistert in die Hände.

„Das sind schöne Neuigkeiten. Also geht es voran mit der selbstständigen Künstlerin?“

„Ja, ich habe sogar eine Galeristin gefunden, die an ein paar meiner Werke Interesse gezeigt hat.“ Jules strahlte über das ganze Gesicht. Etwas, dass sie bei ihrem alten Job nie gemacht hat.

„Darauf sollten wir nochmal anstoßen.“ Sandy erhob das Glas und ein vertrautes aneinander Klirren war zu hören.

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7. Brief an die Liebe meines Lebens

Liebe meines Lebens,

so oft habe ich schon gedacht, dich gefunden zu haben. So oft habe ich mich getäuscht. Zu oft. Vielleicht bist du nur eine Illusion, der Menschen hinterherrennen, um den Dingen einen Sinn zu geben. Ich würde keinen der Menschen aus meiner Vergangenheit diese Bezeichnung geben. Sehr viele Menschen sind Weggefährten, die einen Teil des Weges mit einem gehen, ohne den ganzen Weg zu bleiben. Es ist schön sie zu jenen Zeitpunkten an der Seite zu haben.

Ich weiß nicht, ob ich dich gefunden habe. Vielleicht bist du nicht mal eine Person. Ich versuche dich in eine Form zu bringen, doch vielleicht willst du das gar nicht. Vielleicht wird dir das nicht mal gerecht. Denn du bist vielleicht gar keine Person, sondern ein Gefühl. Und das macht mir nur noch größere Angst. Oft genug dachte ich zu lieben, aber am Ende habe ich mich gefragt, ob das eigentlich Liebe war. Ist Liebe Herzklopfen? Ist Liebe, wenn man sich warm und wohl fühlt? Ist Liebe die Fülle an Gedanken? Ich kenne die Antwort nicht und wünschte mir einfach, du könntest mir die Frage beantworten. Doch muss ich die Antwort selbst finden. Mich der Angst stellen, dass ich mich täuschen kann. Was dieses Gefühl auch ist, ich dachte immer, wenn es vor mir steht, würde ich es erkennen. Aber inzwischen fühle ich mich blind davor. Ich kann dir nicht sagen, was es ist, was du bist, nur, dass ich bin. Solange ich bin, werde ich suchen. Die Antwort, die vor mir verborgen bleibt. Und wer weiß, vielleicht bist du ja schon längst an meiner Seite, ohne dass ich es bemerkt habe.

In Liebe

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Kurze Worte – Das Buch, welches ich nie schrieb

Das Buch, welches ich nie schrieb,
liegt vor mir,
wie ein Ballon, der an der Decke hängt,
die Luft wird entweichen,
die Leere ihn erfüllen.
Das Buch, welches ich nie schrieb,
in der Kälte und der Tristheit,
der Sommer ist noch zu weit,
als das ich ihn spüren könnt`.
Das Buch, welches ich nie schrieb,
ein Hauch von Glitzer,
der meine Augen blind macht.
Das Buch, welches ich nie schrieb,
als würde es auf einen warten.
Das Buch, welches ich nie schrieb.

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Cuba Libre (7.Teil)

„Sandy, Sandy, Sandy“, schnalzte Linda kopfschüttelnd, als sie ihre Cocktails von Juanito vorgesetzt bekamen. Während alle drei einen Cuba Libre vor sich auf den Tisch stehen hatten, war Sandy diejenige, die einen Che Guevara vor sich hingestellt bekam.

„Ihr wisst, dass ich der süße Typ bin. Außerdem habe ich versucht, wenigstens thematisch zu euch zu passen“, verteidigte sich Sandy. Jules hob als Erste ihr Glas.

„Ich würde mal sagen auf uns und auf ein freies Kuba“, sprach Jules ihren Trost des Abends aus. Die anderen erhoben ebenfalls ihr Glas und stießen mit ihr gegenseitig an.

Naomis leopardenmusterlackierten Fingernägel tippten wild an dem Glas ihres Cuba Libres rum, während sie in der Bar Ausschau hielt.

„Was ist denn bei dir los?“, fragte Linda erstaunt. Naomi blickte sie an.

„Ich habe mich letzte Woche, nachdem ihr weg wart, noch mit Juanito unterhalten“, setzte Naomi ihre Erzählung an.

„Wer ist Juanito?“, fragte Jules irritiert.

„Der Kellner, der uns immer die Getränke bringt“, erklärte Naomi.

„Auf jeden Fall habe ich ein bisschen meine Krallen ausgefahren, doch es ließ ihn komplett kalt. Ungebunden und nicht interessiert. Habe ich etwa meinen Charme verloren?“ Sofort schüttelten alle synchron den Kopf. Naomi verdrehte immer alle Männer die Köpfe.

„Dann gibt es nur zwei Erklärungen. Die Erste: er ist homosexuell. Dagegen sprechen jedoch einige Indizien.“

„Was für Indizien?“, fragte Sandy.

„Mein Radar sagt Nein. Und er hat den anderen gutaussehenden Typen, der neben uns an der Bar stand komplett ignoriert. Im Gegensatz zu mir. Der ist noch später mit zu mir gefahren.“

„Naomi“, rief Sandy empört. Naomi lächelte leicht mit einem Schulterzucken.

„Das brachte mich auf die zweite Erklärung. Er steht auf eine Andere.“

„So oder so. Wenn er es dir nicht sagt, werden wir es wohl nie erfahren. Eine von vielen Sachen, die ich niemals wissen wollte“, kommentiere Linda genervt.

„Alles in Ordnung bei dir?“ Jules schaute Linda genauer an.

„Max hat sich gemeldet. Er will sich privat mit mir treffen und reden“, erzählte Linda und rührte mit ihrem Strohhalm im Glas rum.

„Wann trefft ihr euch?“, fragte Jules weiter.

„Ich weiß nicht mal, ob ich mich mit ihm Treffen will.“ Linda nippte einen großen Schluck.

„Du solltest dich mit ihm treffen. Was auch immer er dir zu sagen hat, lass ihn dir das sagen“, gab Naomi ihr den Ratschlag.

„Du meinst, so wie der Kellner dir alles sagt?“, stachelte Linda. Naomi atmete kurz flach ein.

„Linda, du musst mich nicht gleich angreifen. Ich will dir nichts Böses“, sagte Naomi mit ruhiger, aber bestimmter Stimme. Linda schaute sie mit ihrem Dackelblick an.

„Tut mir leid. Ich weiß, dass du nichts dafürkannst. Ich wünschte nur mein Liebesleben wäre gerade so unkompliziert wie deins“, erklärte Linda entschuldigend.

„Kein Problem. Das wird schon wieder.“ Naomi lächelte aufmunternd Linda zu. Linda nickte ihr dankbar entgegen. Zusammen tranken sie ihre Cocktails weiter aus.

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