Manhattan (2.Teil)

Der Kellner setzte Naomi, Sandy, Linda und Jules vier Manhattan vor die Nase.

„Warum nennt man einen Cocktail eigentlich nach einem Stadtteil?“, fragte Sandy in die Runde, während sie alle nach ihrem Glas griffen. Statt einer Antwort erhoben die anderen ihre Gläser in die Luft.

„Auf uns!“, verkündete Jules den Prost.

„Auf uns““, stimmten die anderen mit ein. Dann klirrten sie nacheinander gegenseitig ihre Gläser aneinander. Als sie daran nippten, verzog Sandy das Gesicht, wohingegen Jules und Naomi begeistert lächelten, während Linda undurchdringlich trank.

„Der schmeckt wirklich lecker“, stellte Naomi fest.

„Genauso lecker wie der Kellner?“, neckte Jules sie.

„Den habe ich noch nicht probiert“, schmollte Naomi.

„Du lässt doch sonst nichts anbrennen“, kommentierte Linda feststellend in die Runde.

„Ihr tut so, als würde ich jede Woche mit einem Typen schlafen“, rief Naomi empört.

„Entschuldigung, es sind nur alle zwei Wochen“, gab Linda zurück. Jules und Sandy fingen an zu lachen, während Naomi theatralisch die Hände in die Luft hob.

„Also wirklich!“, gab Naomi beleidigt von sich. Doch ein kleines Lächeln, welches ihre Lippen umspielte, verriet ihnen, dass sie den wahren Kern von Lindas Aussage durchaus anerkannte.

„Ich finde den Cocktail ekelhaft“, gab Sandy nach einem weiteren Schluck von ihrem Manhattan von sich.

„Machst du Witze? Der ist super lecker“, widersprach Linda. Sandy schob den Cocktail in ihre Richtung.

„Wenn du willst, kannst du ihn ja gerne trinken“, bot Sandy an. Linda zog ohne zu Zögern den Cocktail zu sich und stellten ihn griffbereit neben den ihren.

„Wie läuft es eigentlich mit Jack?“, fragte Sandy Linda.

„Der ist mal wieder beschäftig. Gerade ist er für drei Wochen in Botswana“, gab Linda von sich, während sie versuchte ihre Verletztheit mit ihrer Coolheit zu überspielen. Doch die drei Freundinnen kannten Linda zu gut, um zu wissen, wie sehr die Abwesenheit ihres Freundes Jacks sie traf. Als Reporter flog er ständig für seine Berichte um die halbe Welt. Während dieser Zeit fühlte sich Linda immer wieder einsam und allein gelassen, auch wenn sie wusste, dass er zurückkam.

„Tut mir leid“, sagte Sandy mitleidig. Linda hob abwehrend die Hand.

„Wie läuft denn dein Job?“, versuchte Naomi das Thema zu wechseln.

„Letzte Woche hat ein neuer Mitarbeiter angefangen. Max“ erzählte Linda. Sie arbeitete ebenfalls in der Fernsehbranche bei einem berühmten Sender, wie ihr Freund Jack. Nur, dass sie hinter den Kulissen die Texte schrieb und meistens vor Ort blieb.

„Wer ist denn dieser Max?“, fragte Jules betont neugierig.

„Max ist ein gutaussehender Neuling mit einer wundervollen Verlobten“, erklärte Linda nüchtern.

„Und trotzdem erzählst du uns von ihm“, beobachtete Jules sie.

„Darf man etwa nicht mal anmerken, dass man jemanden gutaussehend findet, nur weil man vergeben ist. Ich würde ja nie etwas mit ihm anfangen“, verteidigte sich Linda.

„Wo sie Recht hat, hat sie Recht“, stellte Sandy fest.

„Und bei euch Sandy und Jules? Bei dir, Naomi, muss ich ja gar nicht erst fragen.“

„Bei mir alles beim Alten. Hoffnungslose Single-Romantikerin sucht wahre und große Liebe“, verkündete Sandy übertrieben schwärmerisch.

„Ich bin nicht interessiert“, tat Jules desinteressiert ab. Die drei Freundinnen hatten Jules noch nie in einer Beziehung gesehen und auch sonst hielt sie sich mit ihrem Liebesleben bedeckt. Im Gegensatz zu den anderen.

„Auf die Liebe!“, prostete Sandy in die Luft.

„Auf den Sex!“, prostete Naomi ihnen entgegen.

„Ihr habt wirklich Probleme“, kommentierte Jules augenverdrehend. Dann tranken Jules und Naomi jeweils genüsslich ihre Manhattan aus, während sich Sandy eine Cola nachbestellte und Linda bereits ihren zweiten Manhattan wegkippte.

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Sex on the Beach (1. Teil)

Als Jules, Naomi, Linda und Sandy das erste Mal an einem Tisch, der neuen Cocktailbar Highlight in ihrer Stadt saßen, ahnten sie nicht, wie viele Abende sie noch nie hier verbringen würden. Der Kellner brachte ihnen allen einen Sex on the Beach. Ihr erster Cocktail an diesem Abend.
„Was für ein süßes Kerlchen!“, staunte Naomi, nachdem dieser wieder in der Küche verschwunden war.

„Das wundert mich nicht im Geringsten“, kommentierte Linda augenverdrehend.

„Ich stelle nur fest“, verteidigte sich Naomi.

„Du meinst, du stellst fest, dass der arme Kerl die Nacht nicht heil überstehen wird“, lachte Jules. Naomi erhob protestierend die Hand.

„Tu nicht so, wir kennen dein dunkelstes Geheimnis. Aber wir haben dich trotzdem lieb, Männerfresserin“, warf Sandy scherzhaft ein.

„Wie kommt ihr bloß darauf?“, fragte Naomi mit gespielter Unschuld. Alle vier mussten lachen. „Ich bin so froh, dass wir wieder einen Mädelsabend machen. Das hat mir so gefehlt.“ Sandy war gerade frisch getrennt und genoss die einhergehende Freiheit eines Singles nach einer toxischen Beziehung.

„Wir haben uns viel zu lange nicht gesehen. Vor allem nachdem Michael dich in Ketten gelegt hatte. Gut, dass du dich daraus endlich befreit hast“, stellte Linda fest.

„Auf die Freiheit!“, prostete Jules den anderen entgegen. Die anderen erhoben ihre Cocktails und stießen gemeinsam an. Dabei schauten sie sich tief in die Augen, während ihre Gläser laut aneinander klirrten.

„Hey, Naomi! Du hast mir nicht richtig in die Augen geschaut. Du weißt, was das heißt. Sieben Jahre schlechter Sex“, schnaubte Sandy ihr entgegen.

„Armer Kellner“, stellte Jules mitleidig fest. Die anderen fielen in lautes Gelächter ein. Ein paar Gäste schauten irritiert an ihren Tisch, aber sie bemerkten es nicht einmal. Dafür hatten sie viel zu viel Spaß.

Sie nippten alle einen Schluck an ihren Cocktails.

„Mhm“, schlürfte Sandy genießerisch.

„Gute Mische“, bewertete Linda.

„Wir sollten immer hierhin kommen“, schlug Jules vor.

„Aber dann kann ich den Kellner gar nicht vernaschen“, wandte Naomi empört ein.

„Wie wäre es, wenn wir uns jeden Freitag hier treffen und gemeinsam einen neuen Cocktail von der Karte ausprobieren?“, überging Sandy begeistert Naomis Kommentar.

„Und wenn wir alle durchhaben?“, fragte Linda nüchtern.

„Dann fangen wir eben noch einmal von vorne an“, erwiderte Sandy.

„Abgemacht“, hielt Jules fest. Erneut hielt sie ihr Glas hoch. Sie prosteten noch einmal an, um ihre Abmachung zu besiegeln. Dann tranken sie ihren Sex on the Beach weiter.

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Die Neun der Schwerter / Die Fünf der Stäbe (11. Teil)

Die Nächte zogen dahin, während sich Lizzy schlaflos hin und her wälzte.

Eines Nachts wachte sie ruckartig auf. Die Bilder ihres Traumes flüchteten bei ihrem Erwachen aus ihrem Gedächtnis. Es war vier Uhr morgens. Ohne groß darüber nachzudenken setzte sie sich aufrecht hin, nahm sich eine Liste und schrieb alle Dinge auf, die sie zu diesem Punkt geführt haben. Alles. Ihre Verzweiflung, ihre schmerzhaften Trennungen in ihrem Leben bis hin zu der Hoffnung, die sie vorantrieb. Aber worauf hoffte sie eigentlich? Vor ihr lag ein neues, leeres Blatt Papier, dass sie sich genommen hatte und nur darauf wartete von ihrem Stift in der Hand beschriftet zu werden.

Auf einmal fielen ihr alle Dinge auf einmal ein für die sie leben wollte. Die Dinge, für die sie dankbar war. Die Menschen in ihrem Leben, ihr eigenes Café, ihre wunderbaren Katzen, …. Lizzy wurde bewusst, dass sie bereits alles Wichtige im Leben hatte. Dann gab es die Dinge, die noch nicht da waren, aber sie schrieb die Dinge so auf, als wären sie schon da. Ein neues Auto, ein Haus mit Garten, eine glückliche Beziehung, ….  Sie bedankte sich für diese Sachen, als wären sie bereits da. Dann legte sie sich um und schlief wieder ein.

Doch nur, weil man einen Wunsch äußert, heißt es nicht, dass es nicht auch Hindernisse gibt, die sich dazwischen stellen können. Das sollte auch Lizzy erfahren.

Am nächsten Tag konnte es Lizzy nicht glauben, als sie ihren Laden aufschloss. Sie schaute geschockt rüber auf die andere Straßenseite. Seit einigen Wochen beobachtete sie bereits die Bauarbeiten für den neuen Laden gegenüber. Doch sie hätte nicht damit gerechnet. Direkt gegenüber von ihrem Katzencafé Fitzgerald, würde ab nächster Woche das Hemingway eröffnen. Mit einem bebenden Körper stellte Lizzy fest, dass es sich dabei ebenfalls um ein Katzencafé handelte.

Ohne weiter darüber nachzudenken, ging Lizzy hinüber. Drinnen arbeiteten einige Leute an dem Aufbau der Inneneinrichtung. Lizzy klopfte gegen die Türe. Doch keiner schien von ihr Notiz zu nehmen. Sie betrat ohne Aufforderung den Laden. Noch immer schien keiner sie wahrzunehmen. Sie tippte einen Arbeiter an, der sie bloß mürrisch anschaute.

„Wo finde ich den Besitzer des Ladens?“, fragte sie direkt.

Er zuckte mit den Schultern.

„Der müsste in zwei Stunden hier sein“, antwortete einer der Arbeiter von der Seite. Lizzy nickte ihm dankend zu. Sie ging zurück in ihren Laden, wo ihre Mitarbeiterin Gina bereits wartete und sie irritiert anschaute. Lizzy erklärte ihr, dass sich dieses Missverständnis sicherlich heute Mittag aufklären würde und fing ohne Umschweife an zu arbeiten.

Es war zwölf Uhr mittags als Lizzy rüberging, um ihre Konkurrenz direkt die Meinung zu sagen. Doch als sie das Hemingway betrat, blieb sie mit weit aufgerissenen Augen stehen und brachte keinen Ton heraus. Vor ihr stand der Mann aus dem Café.

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