Die Hochzeit – Eine Kurzgeschichte

„Auf das Brautpaar!“ Als ihre Gäste auf Leila und Jason anstießen, sahen sich die beiden breit grinsend in die Augen. Alle um sie herum müssten meinen, sie seien verliebt, doch sie wussten es besser. Waren sie doch nur aufgrund einer Wette hier. Eine Vereinbarung, die sie vor über zehn Jahren getroffen hatten. Es war ihr Fünfundzwanzigster Geburtstag und sie war sturzbetrunken, als sie mit ihm, der nun seit drei Jahren ihr bester Freund war, die Wette abschloss, wer zuerst heiraten würde. Leila war einen Tag vorher verlassen worden. Er besorgte ihr zum Geburtstag eine Flasche Silver Tequila und keine zwei Stunden später war die Flasche leer und Leila voll. Sie sagte ihm, sie sei nun in dem Alter, wo sie immer heiraten wollte und nun ist sie stattdessen verlassen worden. Er wollte sie aufmuntern. Sagte ihr, sie würde ganz bestimmt vor ihm heiraten. Sie wollte es nicht glauben. Wollen wir wetten… Wer verliert muss auf der Hochzeit des anderen den peinlichen Stepptanz vollziehen, aus den gemeinsamen Stepptanzkurs, den sie ein Jahr zuvor zusammen absolvierten. Und wenn wir beide verlieren? Dann müssen wir beide wohl heiraten. Seine Worte klangen zu ihr, während sie ihre aufsteigenden Tränen schnell wegwischte. Bis wann haben wir Zeit? Bis wir Fünfunddreißig Jahre alt sind. Top, die Wette gilt.

Und so vergingen die Jahre, ohne dass es eine Hochzeit gab. Es kamen Beziehungen in ihrer beider Leben, die wieder in die Brüche gingen. Seine Freundin, die nach zwei Jahren mit ihm Schluss machte, weil er zu distanziert sei. Ihr Freund, den sie nach drei Jahren den Laufpass gab, nachdem er sie klischeehaft mit seiner Angestellten betrog. Nichts blieb bei den beiden von Dauer, außer ihrer Freundschaft. Und ihre Wette. An dem Abend ihres Fünfunddreißigsten Geburtstag war es dann soweit. Sie saßen im Restaurant. An einem Zweiertisch aneinander gegenüber. Nun haben wir beide verloren… Du redest doch nicht von dieser dämlichen Wette vor zehn Jahren. Da war eindeutig zu viel Tequila mit ausgepresster Zitrone im Spiel. Und trotzdem sind wir beide Single und haben niemand heiratswerten. Na gut.

Und so standen sie schließlich an diesem Tag vor dem Traualtar. Eine beidseitig verlorene Wette eben. Und während sie sich verstohlen in die Augen blickten, in dem Gedanken, dass nur sie beide die wahre Geschichte, das Geheimnis dahinter kannten, sahen alle andere das, was sie nicht sahen. Ein verliebtes Brautpaar.

© thewomanandonly

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